PDF-Rechnungen per Email versenden sind nun auch in der Schweiz rechtskonform
15.10.18 00:00 Bereich: Administration | Prozess
1. Rechnungsstellung im Zeitalter der Digitalisierung
Rechnungen wurden in der Vergangenheit vor allem in Papierform per Briefpost versandt. Mit Blick auf die voranschreitende Digitalisierung sind Unternehmen heute danach bestrebt, generell von der Verarbeitung von Papierdokumenten auf die Verarbeitung von elektronischen Dokumenten umzustellen. Im Rahmen dieser Entwicklung besteht insbesondere auch das Bedürfnis, Rechnungen statt per Briefpost elektronisch zu versenden, zu empfangen und zu verarbeiten. Es stellt sich jedoch die Frage, unter welchen Umständen dies rechtskonform ist.
2. Bisherige rechtliche Situation
Während es in vielen Nachbarländern bereits üblich und rechtens war, Rechnungen per E-Mail in PDF-Format zu versenden, war dies in der Schweiz aufgrund von gesetzlichen Vorschriften nur unter erschwerten Umständen zulässig. Unter anderem forderte die Mehrwertsteuergesetzgebung für die rechtskonforme elektronische Rechnungsstellung die Einhaltung der Verordnung des Eidgenössischen Finanzdepartements betreffend elektronische Daten und Informationen (ElDI-V). Mit dem Ziel den sicheren elektronischen Geschäftsverkehr zu fördern verlangte die ElDI-V bis anhin, dass elektronisch versandte Rechnungen elektronisch signiert sein mussten oder dass mit anderen technischen Mitteln deren Ursprung und Integrität nachgewiesen werden musste, was nur mit sehr aufwendigen technischen Lösungen (z.B. im Rahmen einer E-Banking-Lösung) möglich war.
Für viele Unternehmen war jedoch die Einrichtung solcher technischer Lösungen zu aufwendig. Beim Einsatz von per E Mail versandten PDF-Rechnungen - ohne elektronische Signatur oder andere technische Mittel, die deren Ursprung und Integrität eindeutig nachwiesen - riskierten Schweizer Unternehmen bisher, dass die PDF-Rechnungen im Rahmen einer Mehrwertsteuerrevision als nicht für den Vorsteuerabzug genügend angesehen wurden und somit Vorsteuerabzüge verloren gingen oder möglicherweise sogar zu Bussen führten. Aus den oben genannten Gründen, entschieden sich die meisten Schweizer Unternehmen bisher dazu, auf den elektronischen Versand von Rechnungen zu verzichten und weiterhin auf Rechnungen in Papierform zu setzen.
3. Aufhebung der ElDI-V per 1. Januar 2018
Nun hat der Bundesrat per 1. Januar 2018 die ElDI-V aufgehoben und somit ein klares Zeichen in Richtung einer Lockerung der oben genannten Gesetzgebung gesetzt. Die elektronische Rechnungsstellung mit simplen per E-Mail versandten PDF-Rechnungen kann nun auch den gesetzlichen Anforderungen genügen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung betont ausdrücklich, dass im neuen Mehrwertsteuergesetz Beweismittelfreiheit herrscht. Die elektronische Rechnungsstellung kann also auch ohne Signatur oder einem anderen technisch eindeutigen Nachweis des Ursprungs und Integrität gesetzeskonform sein und zum Vorsteuerabzug berechtigen. Sofern der Beweis des Bestehens der Mehrwertsteuerbzw. Vorsteuerabzugsberechtigung erbracht werden kann, reicht eine per E-Mail versandte PDF-Rechnung. Hierzu bedarf es entweder eines eindeutigen Beweismittels (z.B. einen elektronisch signierten Beleg) oder das Bestehen der Mehrwertsteuer- bzw. Vorsteuerabzugsberechtigung ergibt sich aus dem Gesamtbild mehrerer Beweismittel.
4. Zulässige Beweismittel
Um sicher zu gehen, kann auch in Zukunft für die elektronische Rechnungsstellung die digitale Signatur verwendet werden, da diese weiterhin den eindeutigsten Nachweis (von Ursprung, Integrität, nicht Abstreitbarkeit des Versandes, etc.) ermöglicht. Daneben sind neuerdings auch Beweismittel zulässig, die in Kombination die Mehrwertsteuer- bzw. Vorsteuerabzugsberechtigung nachweisen. Diese können sich zum Beispiel aus den bei Einhaltung der ordnungsgemässen Buchführung nach Art. 957a OR gewonnenen Belegen und dem Vorhandensein einer sauberen Prüfspur zusammensetzen. Mit anderen Worten ist die elektronische Rechnungsstellung auch mehrwertsteuerkonform, wenn die untenstehenden Beweismittel vorhanden sind:
1) Rechnungsbelege, die nach den Grundsätzen der ordnungsgemässen Buchführung verarbeitet und aufbewahrt wurden. Hierzu sind im Zusammenhang mit der elektronischen Rechnungsstellung Verfahren einzusetzen, die u.a. Art. 957 bis 958f OR und die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) einhalten. Unter anderem hat für jede Buchung ein Beleg(e) vorzuliegen (wie z.B. Vertrag, Bestellung, Lieferschein und Rechnung), mit dem (denen) sich der zu Grunde liegende Sachverhalt nachvollziehen lässt. Sämtliche Geschäftsvorfälle sind vollständig, wahrheitsgetreu und systematisch zu erfassen. Die Buchungsbelege sind so zu erfassen und aufzubewahren, dass sie nicht geändert werden können, ohne dass sich dies feststellen lässt und dass sie jederzeit wieder lesbar gemacht werden können. Zudem sind die Verfahren in einer Verfahrensdokumentation bzw. in Arbeitsanweisungen zu dokumentieren.
2) Leicht nachzuvollziehende Prüfspur. Für eine saubere Prüfspur ist eine geordnete und systematische Klassierung und Aufbewahrung nötig. Zudem sollte z.B. die PDF-Rechnung (bzw. das E-Mail) über die Buchhaltung und die dazugehörige Mehrwertsteuerabrechnung leicht und zuverlässig verfolgt werden können. Oft lassen sich gerade durch technische Lösungen die für eine saubere Prüfspur idealen Verknüpfungen herstellen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unter Einhaltung der oben genannten Voraussetzungen die Verwendung von per E-Mail versandten PDF-Rechnungen rechtskonform ist.
5. Fazit
Wie in den umliegenden Ländern bestand auch in der Schweiz schon seit längerer Zeit das Bedürfnis nach der Möglichkeit einer simplen Rechnungsstellung mit PDF per E-Mail. Bis anhin war die elektronische Rechnungsstellung jedoch nur mit digitaler Signatur oder einem anderen technisch eindeutigen Nachweis des Ursprungs und Integrität der Rechnung gesetzeskonform. Diese rechtlichen Anforderungen machten es für viele Unternehmen zu aufwendig bzw. risikoreich, vom Versand von Papierrechnungen per Briefpost auf elektronische Rechnungsstellung umzustellen.
Mit der Abschaffung der Verpflichtung zur digitalen Signatur, der Lockerung des Beweisrechts in der neuen Mehrwertsteuergesetzgebung und der Aufhebung der ElDI-V per 1. Januar 2018 wurde nun auch in der Schweiz die rechtliche Grundlage für die elektronische Rechnungsstellung mit per E-Mail versandten PDF-Rechnungen geschaffen. Werden die Anforderungen an die ordnungsgemässe Buchführung eingehalten und lässt sich anhand einer sauberen Prüfspur nachweisen, dass die Forderungen, insbesondere betreffend Mehrwertsteuer und Vorsteuerabzug, bestehen, so ist die Rechnungsstellung mit per E-Mail versandten PDF-Rechnungen gesetzeskonform. Die Möglichkeit des rechtskonformen Versands von PDF-Rechnungen per E-Mail stellt für viele Unternehmen eine erhebliche Erleichterung dar und bietet ihnen nun die Gelegenheit, die Digitalisierung auch in diesem Bereich voranzutreiben.
Quelle: Arcplace
Weitere Links zu diesem Thema:
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